Was ein Traum, der Schnee

Was ein Traum, der Schnee. Ein Winter ohne Schnee – unvorstellbar für mich. Ich stapfe durch die Winterwunderstadt Innsbruck und mache mir Gedanken …

Ein Winter mit viel Schnee, mein Traum. Ich liebe Schnee, viel Schnee. Immer schon.
Und immer schon wusste ich um dessen Gefahren, aufgewachsen in einem Bergdorf, in dem damals die Lawinen noch bis ins Dorf, bis an die Häuser rutschten, es schulfrei gab, weil so viel Schnee lag, dass der Räumdienst keine Chance hatte, die Lawinengefahr auf den Fahrstrecken zu groß war. Rodeln auf der Straße – gibt’s dort längst nicht mehr, Skipisten treten vor der Haustür – selten!

Rapoldipark, Pradl

Schnee muss

Mittlerweile möchten die Leute bestimmen, wann wo wie viel Schnee zu fallen hat.
Die letzten Wanderer grad nach Hause geschickt … aber zackig, Oktober ist, Saisonstart!
Dicke, fette Schneeflocken, aber flott, 24. Dezember ist, Weihnachten, Christbaum, Kerzenschein! Da muss Schnee.

Rapoldipark, Pradl

Und dann, natürlich: Winterurlaub! Also her mit dem Schnee. Aber bitte nur so viel, dass die Straße super-duper zu befahren, die Pisten super-duper präpariert und der freie Skiraum super-duper mit Pulverschnee drapiert ist.

Schnee, der fällt

Blöd, dass sich das Wetter nicht dran hält!
Ja, über sechs Meter Schnee auf der Innsbrucker Seegrube, seit Tagen Lawinenwarnstufe 4 (prognostiziert 5), Rote Zone, Gelbe Zone, gesperrte Straßen – alles nicht lustig. Ganz und gar nicht! Die Situation ist ernst. Die Gefahr groß.
Aber: Wir haben ein hervorragendes System. Lawinenkommissionen, Rettungsdienste, Hubschrauberflotte, Bundesheer … Alle auf Abruf, alle in Bereitschaft, alle vernetzt. Fachleute, erfahren und umsichtig – darunter viele, viele Freiwillige. Sie tun alles, damit wir uns sicher fühlen können. Da, wo reagiert werden kann, wird reagiert! Da, wo etwas getan werden kann, wird getan!

Tivoli-Areal, Blick Richtung Nordkette

Wir haben Leute, die derzeit rund um die Uhr für uns die Lage sondieren, die Entscheidungen treffen: Straße offenhalten – oder besser zu? Hang sperren – oder geht’s? Evakuieren – ja, nein?
Diese Verantwortung. Ich möchte sie nicht haben. Diese Menschen leisten Unglaubliches, während wir in unseren Stuben hocken (können), darauf vertrauen, dass sie das Möglichste tun.

Schnee, der erregt

Mehr aber geht nicht! Es gibt keine 100-prozentige Sicherheit, wird es nie geben. Die gibt es nicht einmal, wenn ich morgens aus dem Bett steige. Daher nerven mich die  sensationsgeilen Zeitungsartikel, die Katastrophenmeldungen, die Erregung, diese Dauererregung, weil wir nicht da fahren können, wo wir sonst immer fahren, weil wir nicht so fahren können, wie wir sonst immer fahren, weil wir nicht anreisen können, abreisen können, nicht tun und lassen können, was wir wollen … Das nervt! Das nervt mich gewaltig. Diesbezüglich habe ich mir schon vor ein paar Tagen auf Facebook Luft gemacht.* – Aber es wühlt weiter.

Schnee, der geht

Denn derweil sind wieder ein paar Hirnrissige ins freie Gelände gefahren, weil sie partout nicht knacken wollten, dass die Situation ernst ist – und mussten dann rausgeholt werden. Ich werde das nie verstehen und ich will es auch nicht: Wie jemand sein Leben – und das anderer – so leichtfertig aufs Spiel setzen kann.**

Tivoli Stadion, Blick Richtung Achselkopf

Der Schneefall ist zwar massiv, tatsächlich gehen die Schneemengen insgesamt aber zurück, wie uns Wissenschafter seit Jahren sagen, wie Christoph Eichhorn in einer Videokolumne in Süddeutsche Zeitung online veranschaulicht.

Schnee, der beglückt

In absehbarer Zeit, werden wir in Innsbruck kaum noch Schnee haben im Winter, irgendwann wohl keinen mehr. Das macht mich traurig, denn ich liebe Schnee. Ich liebe ihn sehr.
Er taucht die Landschaft in ein wunderbares weißes Glitzerkleid, er dämpft Schritte und Geräusche. Er verstärkt Farben, Wahrnehmung, Emotionen.

Wiesenweg, Winterwunderland

Schnee entschleunigt mich. Schnee macht mich glücklich. Schnee gehört zum Winter!
Ich stapfe durch den Schnee, freue mich sakkrisch, wie mein Hund, der schneehasengleich durch den Pulverschnee turnt, sich wälzt und schüttelt. Eine Freude, ihn zu beobachten.
Ich atme die frische Luft ein, ich inhaliere sie. Ich sauge die Bilder auf, die vielen wunderbaren Winterwunderlandeindrücke und halte sie fest, in meinen Gedanken … und mit meinem Handy.

Findus, der Schneepflüger

* Kleine pathetische Ansage aus aktuellem Anlass (8. Jänner 2019)
– Für die Katastrophenherbeischrei(b)er: Ja, die Lage ist ernst. Aber: Wir haben hier im Winter Schnee, manchmal viel Schnee, manchmal richtig viel Schnee. Das ist so! – Und Gottseidank bestimmen wir (noch) nicht, wann wo genug Schnee ist.
– Für die, die bei Lawinenwarnstufe 4 (!) (demnächst 5) immer noch lustig auf irgendwelchen Hängen rumhampeln: Blödheit, Arroganz und Ignoranz sind leider nicht strafbar, aber lebensgefährlich für die RetterInnen.
Womit wir bei denen sind, die in solchen Situationen bereitstehen: Danke allen, die jetzt sichern, was zu sichern geht, die in erhöhter Alarmbereitschaft sind – die Leute von der Freiwilligen Feuerwehr, der Rettung, der Bergrettung, dem Bundesheer.* Es sind Hunderte, die die in Tirol so vielbeschworene „Schneekompetenz“ – nun tatsächlich – unter Beweis stellen. Sie riskieren viel: Hut ab!
Ich liebe Schnee, ich liebe viel Schnee. Daran wird sich nichts ändern. Hoffen wir das Beste!
* Und danke auch ihren ArbeitgeberInnen!

** Hier der Link zu zwei Meldungen, die veranschaulichen, was die Hilfskräfte leisten und welche Haltung Menschen teilweise an den Tag legen – dabei sich und Helfende gefährden:
Tiroler Tageszeitung, 12.01.2019
Tiroler Tageszeitung, 13.01.2019

 

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