Die erste Milchbar Innsbrucks

Derzeit gehe ich wieder einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nach: Recherchieren! Zwei Beiträge wollen verfasst werden: einer für das Alpenvereinsjahrbuch und einer für das Magazin Bäng. Für ersteres muss ich in die Geschichte der Allmende eintauchen, für letzeres in die eines Innsbrucker Stadthauses. Zwei tolle kulturhistorische Themen – ganz mein Geschmack. Zufällig stieß ich auf ein weiteres: die „Triumph-Milchbar“, die „erste Milchbar Innsbrucks“. Heureka!

Wenn es um Historisches geht, ist die Bibliothek des Ferdinandeums meine erste und wichtigste Anlaufstelle. Von ihr geschwärmt habe ich unter anderem schon hier, zudem ist sie einer meiner 111 Orte in Tirol, die man gesehen haben muss* (Emons Verlag).

Ausflug in die Milchbar

In den Beständen zu stöbern, taugt mir ungemein. Immer wieder stoße ich auf Artikel, Meldungen, Aufsätze oder Bücher, die nur am Rande oder gar nichts mit meiner aktuellen Rechercheaufgabe zu tun haben, mich aber elektrisieren. Zuweilen artet das aus, weil ich vom Hundertsten ins Tausendste komme und darüber fast vergesse, weswegen ich eigentlich da bin. 🙂

Die Tiroler Nachrichten brachten einen ausführlichen Beitrag über die …

Aber ich erfahre einfach auch viel.
Dank zweier Zeitungsartikel weiß ich seit letzten Donnerstag zum Beispiel, wann und wo „Innsbrucks erste Tagesbar für Milchmix-Getränke“ eröffnet wurde, wie sie eingerichtet war und was es da alles gab.

… tags darauf eröffnete Triumph-MIlchbar – ebenso die Volkszeitung.

Die Triumph-Milchbar öffnete am Ostersonntag des Jahres 1955 ihre Pforten und zwar in der Maria-Theresien-Straße Nr. 42 – also im Servitenkloster. Rund 60 Sitzplätze standen in den zwei Räumen – Imbissstube und Milchbar – für die Besucher zur Verfügung.

Erste Milchbar

„Auf bunt gepolsterten Sesselchen an zierlichen Stahlrohrtischen sitzend, lässt man sich im ersteren köstliche Spezialitäten aus einer großen, eisgekühlten Schauvitrine servieren“, heißt es in den Tiroler Nachrichten (TN). Es gab, ganz den modernen Zeiten geschuldet, die Möglichkeit der Selbstbedienung.

Der Bär steppt woanders, meint der Autor in den Tiroler Nachrichten.

Die eigentliche Bar war im rückwärtigen Teil untergebracht. Hier saßen die Gäste auf „bequemen Schaumgummibänken“, die wie die Tische mit „Kunstplastik-Stoffen von ruhiger grau-grüner Farbe überzogen“ waren.
„Das Herz der Bar jedoch schlägt h i n t e r der Bartheke, in der das gesamte maschinelle Inventar eingebaut ist. Milchpumpen, Speiseeis-Konservatoren, Kohlensäurebehälter, Sahne-Mussatoren, Flaschenkühler, Syruppumpen und immer wieder Kühlschränke stehen dauernd im Dienst durstiger Seelen“, lese ich weiter.

Säufer trifft Milchmädchen

Besonders eindrücklich war wohl ein vom Künstler Fred Hochschwarzer gestaltetes Glasfenster, auf dieses wird in beiden Artikeln verwiesen: Über einer „Milchkrugfrau“ und einem „kartenspielenden Säufer“ prangte der Spruch „Durch Milchtrinken hat noch keiner sein Hemd versoffen“.

Es lockt nicht nur die Milchbar, auch der Autor zeigt sich romantisch.

Dass die Triumph-Milchbar neben Antialkoholischem Berauschendes in milchigem Gewand zu bieten hatte, scheint den Autoren ebenfalls sehr wichtig gewesen zu sein. „So wie das in allen Milchbars üblich ist, gibt es auch […] solche Getränke, die zwar für den unbefangenen Beobachter rein äußerlich nach Milch aussehen, für den Genießer aber jene Zusätze enthalten, die die Milch für manche erst schmackhaft macht“, meint Remo in der Volkszeitung.

Berauschende Flips

Wie viele Wein- oder Likörflips man für einen gediegenen Rausch schlürfen musste, steht da nicht, dafür brauchten die Einheimischen wohl auf anderer Ebene Nachhilfe.

Remo packt seine LeserInnen mit einem geistreichen Einstieg.

„Da die aus dem Norden stammenden Milchmixgetränke vielen Gebirglern noch nicht so geläufig sein dürften, erlauben wir uns, Ihnen hier einige der gebräuchlichsten theoretisch zu servieren“ (TN) und der Autor erläutert den Unterschied zwischen Frappées, Flips, Eiscréme-Soda und Milch-Cocktails.

Lustige Witwe

Die Besitzer zeigten sich kreativ bei ihren Spezialitäten. Die Gäste konnten unter anderem zwischen Alexander und Viola, Bel ami und Lustige Witwe, Weißer Traum und Lady Favorit wählen.
„Nun aber genug der trockenen Theorie, da doch bald Gelegenheit sein wird, die Bar der weißen Drinks in feucht-fröhlicher Praxis kennenzulernen“, schließt G. M. (TN) süffisant.

Nachhilfe für die Gebirgler in Sachen Milchmixgetränke muss offensichtlich sein.

Wäre ich früher darauf gestoßen, hätte die erste Milchbar** Innsbrucks eine Kandidatin für mein jüngstes Herzensprojekt sein können. Hätte. Denn das Buch 111 Orte in Innsbruck, die man gesehen haben muss* ist gerade erschienen.

Darin verpackt 111 besondere, spezielle, skurrile und bemerkenswerte Orte in meiner Wahlheimatstadt plus 111 Tipps.
Einige der Orte verdanke ich Sidesteps bei Recherchen in der Ferdinandeumsbibliothek, für einige führten mich die Recherchen in die Ferdinandeumsbibliothek.

Und wo findest Du neue Geschichten?

*Die Bücher gibt’s im Buchhandel und bei Online-Anbietern wie amazon.
** Nachtrag: Ob es tatsächlich die erste war, müsste natürlich noch verifiziert werden.

Alle Fotos © Susanne Gurschler

 

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